Die Blätter des Frauenmantels, der „kleinen Alchemistin“, bringen einen geheimnisvollen Tau hervor, um den sich viele Legenden rankten. Alte Kräuterkundige waren überzeugt, verborgene Pflanzengeister, wie Baum- und Blumenelfen, würden sich morgens in diesem Tau waschen. Bei den Germanen hieß es, die Fruchtbarkeitsgöttin Freyja weinte goldene Tränen, als Odin zu fremden Völkern zog und sie zurück lassen musste. Daraufh in wurde ihr der Frauenmantel gewidmet, auf dessen Blättern sie sich zeigten. Als „Tränen der Venus“ waren die Tropfen eine beliebte Zutat für Liebestränke. Die Christen wiederum deuteten den Tau als Tränen jener Engel, die sich vom Teufel verführen ließen und dies nun bitter bereuten. Die Blätter des Frauenmantels symbolisierten für sie den Schutzmantel der Heiligen Maria. Dabei ahnten sie noch gar nichts von der dazu passenden Eigenschaft ihrer „Marienpflanze“: Ganz im Sinne der Unbefleckten Empfängnis braucht der Frauenmantel keine Bestäubung, um sich fortzupflanzen.
Himmlischer Tau: begehrtes Alchemistenwasser und interessantes Naturphänomen
Fasziniert von der krautigen Pflanze waren neben Gläubigen auch Alchemisten. Sie stellten derart viele Versuche an, dass „Alchemilla“ nach ihnen benannt wurde. Der „Sonnenthau“ musste die fehlende Zutat für den begehrten Stein der Weisen sein! Doch was hat es nun wirklich mit den Tropfen auf sich, die nicht wie Tau verdunsten? Wissenschaftlich ist die Rede von Guttation: Ist die Pflanze mit Wasser gesättigt, kann sie über die Wurzeln keine Nährstoffe mehr aufnehmen. Der Frauenmantel scheidet deshalb über seine Blätter Wasser aus. Da dies auch bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit passiert, wurde er als Wetterpflanze genutzt, um Regen vorauszusagen. Doch eine Pflanze, die eine kostbare Wasserperle in ihrem Schoß birgt und ihre Frucht mit einem schützenden Kelchbecher umschließt? Laut Signaturenlehre musste das ganz klar eine Frauenheilpflanze sein! In der Volksheilkunde wurde Frauenmantel bei Frauenleiden aller Art eingesetzt und um Blutungen sowie Geburtswunden zu schließen. Paracelsus rühmte die Heilkraft der Alchemilla ebenfalls, insbesondere bei verwundeten Schleimhäuten.
Das ehemalige „Kraut der Alchemisten“ leistet Frauen bis heute gute Dienste.
Dank der heutigen modernen Forschung wissen wir: Die Gerbstoffe des Frauenmantels wirken krampflösend und zusammenziehend. Deshalb hilft das Kraut bei Darmkatarrhen und als entzündungshemmendes Wundheilmittel. Die Naturheilkunde schätzt seine lindernde Wirkung bei starken Regelblutungen und Menstruationskrämpfen. Die ausgleichende Alchemilla kann außerdem helfen, die nicht einsetzende Menstruation anzuregen oder die Fruchtbarkeit zu begünstigen. Als „Pflanze der gesunden Geburt“ kräftigt sie Schwangere. Anders als der Tee wirkt die Frauenmantel-Urtinktur nicht stopfend. Gemeinsam mit den gängigen Frauenheilmitteln Himbeersprossen und Heckenrose, hilft Frauenmantel nicht nur bei Menstruationsbeschwerden, sondern auch bei hormonellen Störungen.